WISSENSCHAFTLICHE HINTERGRÜNDE WALDBADEN - SHINRIN YOKU.

Entspannen, Stress abbauen, Wohlbefinden steigern und Gesundheit stärken 

Da sich unser Körper im Laufe von Millionen von Jahren im Zuge der Evolution an die Natur angepasst hat, synchronisieren wir uns auch heute noch automatisch mit ihr. 

In der Natur fühlen wir uns wohl, der Körper ist entspannt. Die meisten Menschen wissen dies intuitiv, doch seit Kurzem liegen dafür auch wissenschaftliche Beweise  vor. 

Eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Studien haben gezeigt, dass Waldbaden das körperliche und geistige Wohlbefinden tatsächlich steigern können.
Einige Wissenschaftler rund um den Globus beschäftigen sich mit den physiologischen und psychologischen Auswirkungen der Natur, insbesondere des Waldes, auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen. Angeregt wurde die Forschung durch die Tatsache, dass Menschen sich irgendwie besser fühlen, wenn sie von der Natur umgeben sind. Die gesammelten Forschungsergebnisse sind äusserst vielversprechend. Sie belegen eindeutig, dass der Körper die Natur noch immer als Zuhause erkennt – was sehr wichtig ist, da immer mehr Menschen in Städten leben und in städtischen Umgebungen ziehen(vgl. Miyazaki 2018: 9–10).

Heute ist die Wissenschaft in der Lage, die physiologischen Wirkungen von Naturtherapien auf unseren Körper viel präziser zu messen als noch vor wenigen Jahren, und so tauchen allmählich immer mehr neue und aufschlussreiche Ergebnisse auf.

Um die entspannenden Wirkungen der Natur beurteilen zu können, muss präzise gemessen werden, wie gestresst oder entspannt der Körper zu einem bestimmten Zeitpunkt ist.

Es gibt insbesondere vier Hauptindikatoren für Stress bzw. Entspannung im menschlichen Körper.

  • Die Hirnaktivität: Je entspannter der Körper, desto geringer ist die Hirnaktivität.
  • Die Aktivität des vegetativen Nervensystems: Je höher der Stress, desto aktiver das sympathische Nervensystem und desto geringer die Aktivität des parasympathischen Nervensystems.
  • Die Stressmarker im Speichel: Steigt der Stress, steigt auch der Spiegel dieser Stressmarker.
  • Die Immunaktivität: Steigt der Stress, nimmt die Aktivität der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) im Körper ab.

Zwischen 2005 und 2017 fand ein gemeinsames Forschungsprojekt des Center for Environment, Health and Field Sciences an der Universität Chiba und des Forestry and Forest Products Research Institute statt, das sich den physiologischen und psychologischen Auswirkungen der Waldtherapie widmete.

Um die Wirkung des Shinrin Yoku zu spezifizieren, mussten die Ergebnisse mit etwas verglichen werden – das Team entschied sich für die städtische Umgebung, in der die Hälfte der Weltbevölkerung heute lebt.

Die Experimente wurden in 63 Wäldern in ganz Japan, von Okinawa bis nach Hokkaido, durchgeführt. Die gleichen Versuchsanordnungen wurden in der Nähe von städtischen Umfeldern aufgestellt; sie dienten als Kontrollexperiment. Japan ist ein langes, schmales Land, das sich von Norden nach Süden erstreckt und über typische Wälder verfügt, die von Region zu Region variieren. Deshalb war die Auswahl der Versuchsorte auch so extrem wichtig. Es wurden Wälder gewählt, die für die jeweilige Region charakteristisch sind, und das Team inspizierte die Gegend zwei Mal, bevor mit den Experimenten begonnen wurde, um die Orte noch näher einzugrenzen. An den Experimenten waren in jeder Region 20 Wissenschaftler und 12 Probanden beteiligt und da sie im Wald und in der Stadt gleichzeitig stattfinden sollten, war eine gute Vorbereitung entscheidend.

In jeder Region nahmen jeweils 12 japanische Universitätsstudenten an den Experimenten teil; keiner von ihnen rauchte und keiner nahm zum Zeitpunkt der Experimente irgendwelche Medikamente. Insgesamt belief sich die Zahl auf 756 Probanden, 684 Männer und 72 Frauen. Die Gruppen wurden jeweils in zwei Hälften aufgeteilt: Am ersten Tag gingen sechs Probanden in den Wald und die anderen sechs in die Stadt, am zweiten Tag wechselten sie als Gegenprobe die Versuchsorte. Die Probanden verbrachten jeweils 15 Minuten am Vormittag damit, spazieren zu gehen. Am Nachmittag verbrachten sie 15 Minuten damit, sich einfach hinzusetzen und die Gegend zu betrachten.
Dabei nahmen das Team folgende Messungen vor:
  • Aktivität des vegetativen Nervensystems mittels Herzfrequenzvariabilität (HRV).
  • Pulsfrequenz 
  • Blutdruck
  • Cortisol als Stressmarker im Speichel der Probanden
  • Subjektives Gefühl der Probanden, ermittelt durch eine Reihe von Fragen
Mit den Experimenten konnte das Team zeigen, dass die Probanden im Wald die folgenden physiologischen Veränderungen aufwiesen:
  • Verringerung der sympathischen Nervenaktivität, die sich unter Stress bekanntlich erhöht
  • Zunahme der parasympathischen Nervenaktivität, was bekanntlich geschieht, wenn der Mensch sich entspannt
  • Verringerte Pulsfrequenz / Senkung des Blutdrucks
  • Niedrigere Konzentration des Stresshormons Cortisol
Damit ist belegt, dass die Waldtherapie zur Entspannung des Organismus beiträgt. Dazu passen auch die Informationen aus den Fragebögen zum subjektiven Befinden der Probanden. Sie berichten von:
  • gesteigertes Gefühl des Wohlbefindens
  • Verbesserung des emotionalen Zustands
  • grössere innere Ruhe
  • verminderte Angstgefühle
  • Gefühl des Erfrischt-Seins
(vgl. Miyazaki 2018: 140 - 148)

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